Risiken sind real

Ein Erfahrungsbericht von Alina

Hallo,
auch ich würde gerne meine Erfahrung teilen und zeigen, was für Risiken diese OP birgt. Denn ich musste noch mehrfach nachoperiert werden.
Ich bin 19 Jahre alt, weiblich und mir wurden die Mandeln am 16.9.2020 entfernt. Ich hatte seit drei Jahren mit regelmäßigen Mandelentzündungen mit Fieber bis über 40 Grad, Mandelsteinen mit Schmerzen und Fremdkörpergefühl und dadurch Mundgeruch zu kämpfen und habe vor allem kurz vor der OP immer schlechter Luft bekommen. Schon direkt nach der OP im Aufwachraum hatte ich extreme Schmerzen, habe aber dort mein erstes Wassereis bekommen was ich mit Müh und Not gegessen haben. Die ersten 5 Tage waren der Horror. Ich konnte kaum bis gar nichts essen, wenn flüssig, und die Schmerzen waren wirklich extrem. Zusätzlich wurde mein Zäpfchen bei der OP verletzt, sodass es extrem geschwollen und riesig war und ich das Gefühl hatte es zu verschlucken jenachdem wie ich den Kopf hielt. Am 4. Tag post-OP bin ich entlassen worden und am 6. Tag post-OP konnte ich das erste Mal relativ gut ein Toast mit Honig essen (große Empfehlung durch den Honig rutscht es besser). Ab diesem Tag wurden die Schmerzen auch viel viel besser, sodass ich die Schmerzmittel schon beinahe komplett weglassen konnte. Tja leider hatte ich am 8. Tag post-OP meine erste von vier (!) Nachblutungen. Ich lag auf dem Sofa und auf einmal lief mir das Blut nur so aus der Nase und dem Mund. Das Ganze hörte nach einer halben Stunde wieder auf. Nach einer Nacht im KH zur Beobachtung habe ich mich selber entlassen. Ich hatte keine Schmerzen, mir ging es wirklich gut. Sonntags abends um 23 Uhr, ich lag im Bett und wollte schlafen, da bemerkte ich wieder dieses Gefühl von Blut im Hals. Ich rannte nur noch zur Toilette und spuckte z.T verdicktes (kloagiges) Blut aus. Meine Eltern riefen bei der Menge den Krankenwagen der mich innerhalb 10 Minuten ins Krankenhaus brachte. Die Blutung hörte im Krankenwagen wieder auf, dauerte diesmal also nur knappe 15/20 Minuten. In der Notaufnahme wurde ich abgesaugt, erhielt Medikamente und kam gegen 1 Uhr nachts auf Station. Um 2 Uhr nachts setzte die Blutung erneut ein, sodass ich innerhalb 10 Minuten im OP war. Der Magen wurde ausgepumpt, die Blutung mittels Umstichnähten gestillt. Da ich Narkosen nicht vertrage aufgrund einer Erkrankung kam ich auf die Intensivstation. Ich erholte mich und sollte samstags entlassen werden. Mein HB lag momentan bei 10. Freitag Abend, ich lag wieder im Bett und wollte schlafen, die vierte Blutung. Auch hier ging es wieder innerhalb weniger Minuten in den OP. Obwohl ich dachte, dass es diesmal wirklich „wenig“ Blut im Vergleich war und auch noch Scherze machte mit den OP-Schwestern und Ärzten, war es dieses Mal wohl sehr ernst. Im OP setzte die volle Blutung ein. Arterielle Blutung und die Ärzte kämpften 2 Stunden, um die Blutung zu stillen. Mein HB fiel auf unter 7, und ich kam wieder auf die Intensivstation. Mir ging es sehr schlecht. Sobald ich auch nur saß, verlor ich das Bewusstsein. Die Schmerzen waren sehr stark, meine Zunge stark angeschwollen. Mein Rachen wurde stark vernäht und es gab kaum noch Gewebe dort was nicht weggenommen wurde. Montags wurde ein CT von den Halsgefäßen gemacht und der Chefarzt kam zu mir und berichtete, dass sein Team Angst um mich hat und ich noch eine Blutung nicht überleben würde. Er gab mir drei Möglichkeiten, entweder 2 Wochen KH unter strenger Beobachtung und es wird nichts gemacht mit der Angst, dass ich nochmal blute und zwei schwere OPs. Für eine der OPs habe ich mich entschieden, eine OP an der offenen Halsschlagader. Man erklärte mir, dass eine Arterie ungünstig im Hals verläuft, was man vor der Mandel-OP nicht wusste und diese immer wieder aufgerissen war und der Grund für das häufige Nachbluten war. Ich habe jetzt eine 10cm große Narbe am Hals, noch viele Fäden im Rachen, musste nach den OPs lange Bettruhe einhalten weil mein Allgemeinzustand so schlecht war und ich andauernd bewusstlos wurde und kann jetzt, einen Monat nach der eigentlichen Mandel-OP, langsam wieder längere Strecken gehen. Ich bin noch ziemlich schwach, auch psychisch ist das was ich erlebt habe für mich schwer wegzustecken. Ich war seit dem 16. September 5/6 Tage zuhause und sonst nur im Krankenhaus. Nehme momentan viele Tabletten um meinen Körper wieder fit zu bekommen und vor allem den HB wieder in den Normalbereich zu kriegen. Ich bin körperlich an meine Grenzen gekommen und das alles von einer Routine-OP. Ich weiß nicht, ob ich die OP gemacht hätte, hätte ich gewusst was auf mich zukommt.
Was ich aber vom Tag der OP an direkt gemerkt habe: wie viel mehr Luft ich bekomme. Das ist wirklich krass. Und ich glaube auch das die OP sich lohnt, wenn man wie ich wirklich viele Probleme durch die Mandeln hatte. Aber trotzdem sollte man sich immer vor Augen führen was passieren kann. Laut den Ärzten bin ich ein Ausnahmefall, sowas hätten die auch noch nie gehabt. Ich bin auf jeden Fall dankbar, wie gut man sich um mich im KH gekümmert hat, und wie viel Sicherheit man mir während meinen Nachblutungen gegeben hat, als es in den OP ging.

Meine Antwort an Alina:

Hallo Alina,
wie gut, dass du es überstanden hast! Deine Schilderungen sind in der Tat sehr außergewöhnlich und was die Beschwernis angeht höchst selten. Das ist für dich rückblickend vermutlich nur ein schwacher Trost, sollte aber allen, die die OP noch vor sich haben, deutlich machen, dass dies fürwahr keine „normale“ Nebenwirkung ist, bzw. kein Risiko ist, das sich in einer nennenswerten Prozentangabe ausdrücken lässt.
Dir weiter alles Gute und viele Grüße. Christian

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